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Burnout

Wenn der Körper nicht mehr kann

Zuerst war es nur ein lähmender Schmerz in der Brust, der am nächsten Tag vergessen war. Als dann aber die Beine einfach wegknickten, da wusste sie: die Lebensenergie war weg. Wie Anna in eine tiefe Depression verfiel und wie sie sich wieder aufrappelte.

Burnout, davon hat wohl jeder von uns schon einmal gehört. Übersetzt heisst es „ausbrennen“. Was so harmlos klingt, ist jedoch für die Betroffenen ein radikaler Lebenseinbruch.

Im Medizinischen gibt es die Diagnose „Burnout“ so nicht. Viel mehr sprechen Mediziner von einer Erschöpfungsdepression. Meist ausgelöst wird sie durch chronischen Stress, der von den Betroffenen über lange Zeit hinweg ignoriert wird, bis es zum Zusammenbruch kommt.

Die Betroffenen können von heute auf morgen ihrem normalen Leben nicht mehr nachgehen. So erging es auch Anna (Name von der Redaktion geändert). Im Folgenden soll ihre Burnout-Geschichte geschildert werden. Zum Einen, um aufzuzeigen, wie es zu einem Burnout kommen kann, zum anderen, um zu zeigen, wie man aus diesem Tal wieder herauskommt.

Anna war eine aufgestellte und erfolgreiche Arbeitnehmerin in einem grossen Unternehmen. Die gelernte IT-Spezialistin arbeitete schon lange für den gleichen Arbeitgeber und hatte im Unternehmen über die Jahre hinweg diverse Positionen inne. „Ich hatte immer grosse Freude an der Arbeit. In meiner Freizeit ging ich zusätzlich diversen Hobbies nach: spielte in einer Band, war gerne kreativ und entwarf Schmuck“, beschreibt Anna ihr Leben vor dem Zusammenbruch.

Arbeitsüberlastung

2012 nahm sie im Unternehmen eine neue Stelle an. Vor ihr waren für diesen Posten zwei Leute eingestellt worden. Ihr Arbeitgeber versicherte ihr, dass man bald noch jemanden zur ihrer Unterstützung einstellen würde. Trotz der hohen Arbeitsbelastung gefiel ihr die neue Herausforderung. Das einzige, was für sie schwierig war, war der Umstand, dass sie sich mit niemandem austauschen konnte. Die Informationen, mit denen sie tagtäglich konfrontiert wurde, waren vertraulich und sie alleine musste jeweils Lösungen finden für die Probleme der Kunden. Bisher hatte sie immer im Team gearbeitet und sich mit Kollegen austauschen können.

Nun nahm sie die Probleme der Kunden oft mit nach Hause. Ihr Arbeitgeber konnte aufgrund der Finanzkrise auch die zugesagte Unterstützung durch einen Kollegen nicht realisieren. Zwar gab es einen externen Berater, auf den sie zurückgreifen konnte, wenn es notwendig war. Da Anna aber eine sehr zielstrebige und ehrgeizige Person war, nahm sie diese Unterstützung nur selten in Anspruch und versuchte meistens alles alleine zu bewerkstelligen.

Auch ging sie nach wie vor ihren vielen Hobbies nach, aber richtig von der Arbeit abschalten konnte sie nicht. Bewusst war ihr dies aber zur diesem Zeitpunkt nicht.

Plötzliche Lähmung

Ein erstes Schlüsselerlebnis hatte sie dann im März 2013. Sie war mit ihrem Mann essen und plötzlich verspürte sie einen stechenden Schmerz in der Brust und konnte sich nicht mehr bewegen. Sie war wie paralysiert. Anna versuchte sich im Restaurant nichts anmerken zu lassen. Ihr Mann merkte jedoch sofort, dass etwas nicht stimmte. So sass sie einige Minuten regungslos da und wartete darauf, dass dieser schreckliche Zustand aufhörte. Nach ein paar Minuten ging es ihr wieder gut. Am nächsten Tag war das Erlebnis vergessen.

In den folgenden Wochen wurde der Arbeitsdruck noch höher. Ein paar Monate später wiederholte sich der Vorfall, als sie gerade im Büro sass. Wieder verspürte sie den enormen Druck in ihrer Brust und war paralysiert. Statt umgehend Hilfe zu holen, arbeitete sie noch zwei Stunden weiter, in der Hoffnung, der Zustand würde sich bessern. Doch der Zustand blieb erst einmal. Sie wandte sich an ihren Chef, der sie nach Hause fuhr.

„Ich habe dann erst einmal viel geschlafen, doch der Erschöpfungszustand wurde nicht besser. Ich konnte nicht mal mehr eine Minute stehen; mir knickten die Beine einfach weg“, erinnert sich Anna. Vom einen auf den anderen Tag hatte sie keine Energie mehr, sie war völlig kraftlos. Im Mai kam sie dann stationär in eine Klinik für Psychosomatik. Die ärztliche Diagnose lautete: Erschöpfungsdepression!

Unerklärliche Traurigkeit

Zu ihrer Erschöpfung kam eine tiefe Traurigkeit, die sie sich selber nicht erklären konnte. Ihr ganzes Leben wurde aus der Bahn geworfen.

Nach einem sechswöchigen Aufenthalt in der Klinik ging es ihr besser, sie war körperlich wieder einigermassen fit, mental aber noch nicht wieder die Alte.

Ihr Chef brachte ihr sehr viel Verständnis entgegen. „Als ich ausfiel sah er erst, wie viel Arbeit auf mir lastete“, so Anna. Sie wollte unbedingt wieder arbeiten gehen und nahm ihre Arbeit zunächst mit einem 30%-Pensum wieder auf. Als sie ihr Pensum auf 50% erhöhte, merkte sie, dass es erneut Richtung Erschöpfungszustand und allfälligem Rückfall ging. Daraufhin bekam sie eine Jobcoaching-Betreuerin von der IV gestellt. Der Sinn einer solchen Betreuung ist es, die Personen wieder in ihren Job zu integrieren und optimal zu beraten. Doch in Annas Fall sah auch die Betreuerin, dass die Belastung in Annas Firma zu gross für sie war.

Verständnis bringt Entlastung

„Im Sommer 2014, über ein Jahr nach meinem Zusammenbruch, kündigte ich meine Stelle und war danach sehr erleichtert“, erinnert sich Anna.

Heute geht es ihr gut, auch wenn sie nicht wieder die Alte ist. Sie hat ein grosses Bedürfnis nach Stille und kann bis heute lautes Stimmengewirr nicht ertragen.

Auf die Frage hin, was sie rückblickend anders hätte machen sollen erklärt sie: „Ich hätte viel mehr auf mich Acht geben und auf meinen Körper hören sollen“.

Dass es ihr heute wieder so gut geht, hat sie auch ihrer Familie und ihrem Partner zu verdanken, der ihr viel Verständnis entgegen brachte und versucht hat ihr wieder Freude zu schenken. Heute geht sie wieder verstärkt ihren Hobbies nach und erfährt dadurch eine grosse Erfüllung.

 

Ariane Modaressi

Freitag, 26. Jun 2015

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Mögliche Symptome eines Burnouts sind:

  • Chronische Müdigkeit und seelische Erschöpfung, die auch nach einer Erholungs-Auszeit (wie z.B. Urlaub) nicht verschwindet.
  • Distanzierung von der Arbeit, d. h. der Verlust der inneren Beziehung zur Arbeit, der sich in einem verringerten Bedürfnis nach Erfolg bei der Arbeit, in abwertenden und zynischen Gedanken über die Arbeit bis hin zu dem Wunsch äussert, in einen anderen Beruf zu wechseln.
  • Körperliche Beschwerden, wie z. B. Schlafstörungen, höhere Anfälligkeit für Krankheiten, Appetitlosigkeit, Verdauungsbeschwerden, Kopf- und Rückenschmerzen, Schwindel, Blutdruckinstabilität, Herzrasen, Tinnitus. 
  • Psychische Veränderungen, wie erhöhte Gereiztheit, innere Unruhe, die Unfähigkeit, nach der Arbeit abschalten zu können, Rastlosigkeit, innere Leere, Lustlosigkeit, Angst, Langeweile, Verzweiflung, Resignation, Frustration, Sinnlosigkeitsgefühle, Abstumpfung.
  • Kognitive Leistungseinschränkungen, wie z. B. Konzentrationsstörungen, Entscheidungsunfähigkeit, Selbstzweifel, Wahrnehmung von Leistungsverlust. 
  • Änderungen im Verhalten, beispielsweise sozialer Rückzug, Hyperaktivität, Konsum suchtfördernder Substanzen, Vernachlässigung von Freizeitaktivitäten.

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