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Vorsicht Faktencheck!

Gut zu wissen: Behauptest du auf Facebook etwas Falsches, musst du damit rechnen, dass Catherine Gilbert deinen Post checkt, als «Fehlinformation» kennzeichnet und richtigstellt. Sie ist Faktencheckerin bei Keystone-SDA. Im Interview gibt sie einen aufschlussreichen Einblick in ihre interessante Arbeit.

Sie sind Verification Officer (Faktencheckerin) bei Keystone-SDA. Was muss man sich darunter genau vorstellen?

Als Faktencheckerin verifiziere ich Falschbehauptungen, die in den Social Media kursieren. Mein Fokus liegt dabei bei den Facebook-Posts von Einwohner*innen der Deutschschweiz. Faktencheck ist Teamarbeit und wir profitieren von der Schwarmintelligenz. Wir tauschen uns entsprechend regelmässig aus, diskutieren die Behauptungen und geben Recherchen weiter. Zudem werden unsere Widerlegungen vor der Publikation jeweils analysiert und geprüft.

Wie gehen Sie bei der Prüfung vor?

Zur Verifizierung verwenden wir sämtliche Suchmaschinen und Browser, auch Open-Source-Intelligence-Tools (OSINT) kommen zum Einsatz. Für die Widerlegung von Falschbehauptungen recherchieren wir im Netz, fragen aber je nach Thema bei diversen Institutionen, Organisationen oder Expert*innen nach. Zudem schauen wir uns den ganzen Kontext an. Für die Verifizierung stützen wir uns auf seriöse Quellen und suchen jeweils das Original. Wir weisen unsere Quellen aus, denn auch nach einem Jahr soll nachvollzogen werden können, wie wir zu unserer Schlussfolgerung gekommen sind. Falschbehauptungen sind vielfältig, entsprechend kommen auch nicht immer dieselben Techniken oder Vorgehensweisen zum Einsatz.

Wie sieht so ein Faktencheck im Detail aus?

Faktenchecks haben jeweils denselben Aufbau. Wir beschreiben die Falschbehauptung, machen eine Bewertung und führen anschliessend die Fakten und die Quellen auf. Bei jedem Faktencheck ist zudem eine Mail-Adresse angegeben, um uns kontaktieren zu können. Auch Faktenchecker*innen sind Menschen und entsprechend sind Fehler nicht ausgeschlossen.

Den veröffentlichten Faktencheck verlinken wir mit dem Facebook-Post – dieser wird dann mit einem entsprechenden Hinweis versehen (hier ein Beispiel). Leser*innen steht es offen, den Faktencheck oder die Falschbehauptung zu lesen. Diese kann weiter kommentiert und geteilt werden. Um die Reichweite einzuschränken, erscheint aber der Facebook-Post im News Feed weiter unten. Wir löschen keine Facebook-Posts.

Werden die Faktenchecks publiziert?

Da die Keystone-SDA mit der Deutschen Presse-Agentur (dpa) zusammenarbeitet, publizieren wir die Faktenchecks auf der Seite der dpa. Meta – ehemals Facebook – lässt Beiträge seiner User*innen von unterschiedlichen Unternehmen und Organisationen auf falsche Inhalte untersuchen, die in den jeweiligen Ländern und Regionen vor Ort sind und dieselbe Sprache sprechen.

Unsere Recherchen sollen auch später nachvollzogen werden können, darum archivieren wir sämtliche verwendete Onlinequellen in den Internetarchiven. Dies gewährleistet auch, dass unser Vorgehen bei der Verifizierung transparent ist.

Welche Voraussetzungen muss man mitbringen, um Faktencheckerin zu werden?

Faktenchecker*innen bringen unterschiedliche Backgrounds mit. Einige haben Geschichte oder Politikwissenschaften studiert, andere kommen vom Journalismus oder der Medieninformatik her. Meine Herkunft sind die Informationswissenschaften, ich habe anschliessend u.a. in der Medien- und Verbandsdokumentation gearbeitet und mich dabei in die Recherche und Verifikation von Social-Media-Posts vertieft.

Generell sind Recherchekenntnisse gefordert sowie technisches Flair und natürlich ein Interesse an den aktuellen gesellschaftlichen und politischen Themen. Die Themen, die wir behandeln, sind sehr vielfältig und international geprägt. Eine gute Allgemeinbildung und eine schnelle Auffassungsgabe sind genauso wertvoll wie die Leidenschaft für das Lernen und das Interesse an einer über die Landesgrenzen hinausgehende Zusammenarbeit.

In welchen Fällen kommen Sie zum Einsatz, in welchen nicht?

Wir schauen Mitteilungen ganz normaler Bürger*innen an. Wir stützen uns auch auf die Richtlinien, die von Meta vorgegeben werden.

Was prüfen Sie alles?

All das, was eine Richtigstellung erfordert. Wir priorisieren Themen, die im gesellschaftlichen Interesse und im öffentlichen Diskurs stehen.

Was muss erfüllt sein, damit eine Meldung als Fehlinformation bezeichnet wird?

Es muss eine klare Falschbehauptung vorliegen, die prüfbar ist. Meinungen sind nicht prüfbar, auch Satire lassen wir weg. Des Weiteren muss sie in das Bewertungsschema passen, das von Meta vorgegeben wird. Auch wenn z.B. Aussage gegen Aussage von zwei Wissenschaftlern vorliegt, sehen wir von einer Publikation ab. Dies geschieht ebenso, wenn wir die Behauptung nicht eindeutig und klar widerlegen können.

Welche Themen sind bei Ihnen gerade aktuell?

Ich habe mich seit Anfang 2020 sehr viel mit Covid-Themen auseinandergesetzt. Statistische Daten wurden oftmals aus dem Kontext gerissen oder selektiv betrachtet, was zu Falschinterpretationen führte. Teilweise waren die Daten bei der Veröffentlichung schlicht veraltet, obwohl sie als aktuelle Information dargestellt wurden. Im Zuge der Abstimmungen zum Covid-Gesetz musste ich feststellen, dass die politischen Prozesse und die Gesetzgebung oftmals nicht ganz korrekt verstanden werden.

Haben Fake News in Ihrer Einschätzung in den letzten Jahren zugenommen?

Fake News hat es immer gegeben. Mit den sozialen Medien kann jede und jeder Information verbreiten und innert kürzester Zeit ein Millionenpublikum erreichen. Durch diese Plattformen hat die Geschwindigkeit in den letzten Jahren stark zugenommen. Generell habe ich den Eindruck, dass mit Donald Trump Falschbehauptungen in den sozialen Medien mehr in den Fokus der öffentlichen Wahrnehmung gerückt sind.

Was raten Sie Menschen, die lieber nicht auf Fake News hereinfallen möchten?

Kritisch sein und mal selbst recherchieren. Die verwendeten Quellen sollen vertrauenswürdig und die Schlussfolgerungen logisch sein. Auffällige Layouts, Sprachfehler oder das Fehlen der medialen Aufmerksamkeit sind oftmals weitere Alarmsignale, dass etwas Unseriöses vorliegt.

Interview: Hansjörg Schmid

Donnerstag, 17. Mär 2022

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