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Bedingungsloses Grundeinkommen – eine ökonomische Einschätzung

Ist die Initiative für ein bedingungsloses Grundeinkommen geeignet, um die Einkommen gleichmässiger zu verteilen? Nur bedingt, findet der Chefökonom von BAKBASEL, Martin Eichler. Lesen Sie im Interview, warum.

Herr Eichler, wie würde sich ein bedingungsloses Grundeinkommen von 1000 Franken auf die Verteilung der Einkommen auswirken?

Eine gleichmässige Erhöhung des Einkommens aller Personen führt in jedem Fall zu einer gleichmässigeren Verteilung der Einkommen. Im Fall von 1000 Franken pro Person ist der Effekt jedoch gering. Dies gilt insbesondere dann, wenn Sozialleistungen wie die Sozialhilfe, die AHV oder Ergänzungsleistungen entsprechend reduziert werden. Je nach genauer Ausgestaltung ist es sogar möglich, dass sich der Effekt ins Gegenteil verkehrt und sich die Ungleichheit erhöht. Dazu kommt, dass bei einer Anrechnung bisheriger Sozialleistungen die Zielsetzung der Initiative in jedem Fall weitgehend verfehlt wird, bei einem gleichzeitig sehr hohen Streuverlust.

Die Initiative für ein bedingungsloses Grundeinkommen schlägt aber einen Betrag von 2500 Franken vor. Wie wäre es in diesem Fall?

Bei einem bedingungslosem Grundeinkommen von CHF 2500 Franken ist davon auszugehen, dass die Verteilung der Einkommen in jedem Fall weniger ungleichmässig ausfallen wird als ohne diese Massnahme, unabhängig davon, ob es zu einer Anrechnung anderer Sozialleistungen kommt. Allerdings dürfte die Verringerung der Ungleichheit, gemessen in Relation zum Umfang der einzusetzenden Mittel, eher gering ausfallen. Dies, da zahlreiche Personen davon profitieren, die nicht zu den Personen mit niedrigen Einkommen gehören. In der wissenschaftlichen Diskussion hat sich für Verteilungsfragen das Konzept des verfügbaren Äquivalenzeinkommens durchgesetzt, welches neben dem persönlichen Einkommen auch die einer Person innerhalb eines Haushalts zur Verfügung stehenden Einkommen berücksichtigt. Das bedingungslose Grundeinkommen greift jedoch am Individuum an und berücksichtigt Haushaltseinkommen und innerfamiliäre Transfers nicht. Schon alleine deswegen geht ein grosser Teil der Mittel als Streuverlust verloren und trägt nicht zur eigentlichen Zielsetzung der Massnahme bei.

Was wären mögliche Auswirkungen für die Konjunktur?

Die direkten Auswirkungen auf den Konjunkturverlauf dürften gering sein, wohingegen die Wachstumsaussichten, insbesondere auf längere Sicht, etwas stärker nachteilig beeinflusst werden könnten. Die leichte Umverteilung der Einkommen zugunsten eher einkommensschwacher Personen dürfte zunächst den Konsum stärken. Dies allerdings nur in geringem Umfang, da der Umverteilungseffekt insgesamt bereits gering ausfällt. Gleichzeitig dürfte die Sparquote sinken – zumindest unter der Annahme, dass die notwendige Finanzierung für die Massnahme im Schnitt stärker zulasten höherer Einkommen geht. Dies verringert auch die Möglichkeiten von Investitionen, die wichtig für zukünftiges Wachstum sind. Hinzu kommen die Effekte eines geringeren Arbeitsanreizes sowie die administrativen Kosten. All dies führt auf längere Sicht zu einer Verringerung des Wachstumspotentials der Schweizer Volkswirtschaft.

Wenn die Schweiz als erstes Land ein bedingungsloses Grundeinkommen einführen würde, wäre das volkswirtschaftlich gesehen ein Nachteil oder ein Vorteil für uns?

Aus Sicht der Volkswirtschaft wäre die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens für die Schweiz nachteilig. Das gesellschaftliche Ziel einer gleichmässigeren Einkommensverteilung wird nur teilweise erreicht, bei gleichzeitig hohen Kosten und einem ausgesprochen hohem Schadenspotential.

Wenig hilfreich ist dabei, dass die Initiative die grundlegende Zielsetzung – eine gleichmässigere Einkommensverteilung, beziehungsweise die Garantie eines Mindesteinkommens – mit einer bestimmten, jedoch wenig zielgenauen Massnahme kombiniert. Die zugrundeliegende Zielsetzung, welches Mass an Gleichheit der Einkommen angestrebt werden soll, ist eine gesellschaftliche Frage, die rein volkswirtschaftlich nicht beantwortet werden kann. Unabhängig vom angestrebten Mass der Gleichheit stehen jedoch andere Instrumente zur Verfügung, die aus volkswirtschaftlicher Sicht besser geeignet sind, um die Ziele zu erreichen, bei gleichzeitig wesentlich geringen Kosten. Neben den heute bereits verwendeten klassischen Instrumenten der Sozialen Sicherung – bei denen durchaus noch Verbesserungen möglich sind – ist dabei auch an Konzepte wie z. B. negative Einkommensteuern zu denken.

 

Interview: Hansjörg Schmid

Donnerstag, 22. Okt 2015

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«„Die Verringerung der Ungleichheit dürfte, gemessen in Relation zum Umfang der einzusetzenden Mittel, eher gering ausfallen.“»

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