Welche Berufe der Automatisierung zum Opfer fallen könnten
In den nächsten Jahrzehnten könnten in der Schweiz fast 50 Prozent der Beschäftigten durch die Automatisierung ersetzt werden. Das muss nicht notwendigerweise ein Grund zur Panik sein, zeigt eine Untersuchung des Wirtschaftsprüfers Deloitte.

In den nächsten Jahrzehnten könnten in der Schweiz fast 50 Prozent der Beschäftigten durch die Automatisierung ersetzt werden. Das muss nicht notwendigerweise ein Grund zur Panik sein, zeigt eine Untersuchung des Wirtschaftsprüfers Deloitte.
Im letzten Jahr erschreckte eine 2013 erstellte Studie der Universität Oxford die Erwerbstätigen ganz gehörig. Es war eine Untersuchung darüber, welche Jobs durch die Computerisierung verloren gehen könnten. Sie kam zum Schluss, dass in den USA 47 Prozent gefährdet sind. Wir berichteten im Apunto 1/2015.
Die Studie wird in den Medien immer noch fleissig zitiert. Es wird aber auch kritisiert, dass sie auf die angelsächsische Arbeitswelt ausgerichtet sei und auf die Schweiz nur bedingt zutreffen könne. Nun liegt mit „Mensch und Maschine: Roboter auf dem Vormarsch“ von Deloitte eine neue Untersuchung spezifisch für die Schweiz vor.
Die Deloitte-Analyse kommt – oh Schreck! – für unser Land mit 48 Prozent sogar auf einen leicht höheren Anteil von Stellen, die prinzipiell durch Maschinen übernommen werden könnten. Sie hat auch untersucht, welche Beschäftigungen und einzelnen Berufe es besonders betreffen könnte und welche weniger (siehe Kästen). Dazu wurden die Ergebnisse der Oxford-Studie der Entwicklung der Beschäftigung in den in der Schweiz gegenübergestellt.
Hohe Bildung schützt vor Jobverlust – allerdings nicht immer
Zwischen 1990 und 2013 ist aus den Beschäftigungszahlen des Bundesamtes für Statistik herauszulesen, dass Berufe mit einer geringen Automatisierungswahrscheinlichkeit stark gewachsen sind. Dazu gehören vor allem Berufe mit höherem Ausbildungsniveau, z. B. Führungskräfte, akademische und technische Fachkräfte. Berufe mit hoher Automatisierungswahrscheinlichkeit haben sich auf der anderen Seite negativ entwickelt. Dies betrifft eher Kategorien mit tiefem bis mittlerem Niveau, wie Hilfsarbeiter, Sekretariatskräfte oder Schalterbedienstete.
Dieser Zusammenhang gilt in der Schweiz allerdings nicht absolut. Es gibt auch Berufskategorien mit niedrigem bis mittlerem Ausbildungsniveau und niedriger Automatisierungswahrscheinlichkeit. Ebenso gibt es Tätigkeiten mit hohem Ausbildungsstandard mit hoher Automatisierungswahrscheinlichkeit. Nichtakademiker wie Kinderbetreuer, Fitnesstrainerinnen und Coiffeusen werden kaum vom Computer abgelöst, die hoch ausgebildeten Buchhalterinnen, Steuerberater und Finanzberaterinnen hingegen sehr wohl (weitere Beispiele siehe Kasten). Die Deloitte-Analyse kommt daher zum folgenden Schluss: „Der entscheidende Faktor ist weniger das Ausbildungsniveau, sondern vielmehr, wie stark eine Beschäftigung auf Kreativität, soziale Interaktion oder besonderen Kundenservice setzt; also Tätigkeiten verrichtet, die nur schwer oder überhaupt nicht standardisierbar sind und entsprechend schlecht von einer Maschine übernommen werden können.“
Automatisierung als Chance
Wenn 48 Prozent der Stellen in der Schweiz automatisiert werden können, müssen wir uns dann auf eine massive Unterbeschäftigung einstellen? Die Deloitte-Studie gibt Entwarnung. Deren Autoren sehen eher Chancen als Gefahren: „Zukunftschancen gibt es über alle Qualifikationsstufen hinweg. Dies gilt insbesondere für Stellen, bei denen es auf Kreativität, soziale Interaktion und hochwertigen Kundenservice ankommt.“
Bisher hat noch jede industrielle Revolution neue Arbeitsplätze geschaffen. Die Chance, dass es auch diesmal so kommt, ist gemäss den Deloitte-Analysten für die Schweiz intakt. Wir seien mit unserem „guten Ausbildungssystem und fortgeschrittenen Technologiestand hervorragend platziert, um von der Automatisierung zu profitieren“.
Hansjörg Schmid
Automatisierungswahrscheinlichkeit nach Beschäftigungen
Die Gefährdung der Jobs durch die Automatisierung ist je nach Beschäftigung sehr unterschiedlich:
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Führungskräfte 10%
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Akademische Berufe 13%
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Techniker und gleichrangige Berufe 43%
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Total 48%
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Anlagen- und Maschinenbediener, Montierer 66%
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Handwerk und verwandte Berufe 66%
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Dienstleistungsberufe, Verkäufer 67%
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Hilfsarbeitskräfte 71%
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Fachkräfte in Land- und Forstwirtschaft 73%
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Bürokräfte und verwandte Berufe 94%
Quelle: Deloitte AG
Automatisierungswahrscheinlichkeit nach Berufskategorien
Die Automatisierungswahrscheinlichkeit hängt vor allem von Ausbildungsniveau ab. Es gibt aber Ausnahmen.
Tiefes Ausbildungsniveau, hohe Automatisierungswahrscheinlichkeit:
- Sekretariatskräfte 97%
- Bank- und andere Schalterbedienstete 97%
- Telefonisten 96%Kassierer und Kartenverkäufer 90%
- Postverteiler und –sortierer 86%
Tiefes Ausbildungsniveau, tiefe Automatisierungswahrscheinlichkeit:
- Rettungsdienstpersonal 5%
- Nichtakademische Krankenpflegefachkräfte 6%
- Medizinische Assistenten 6%
- Kinderbetreuer 8%
- Fitnesstrainer 8%
- Coiffeure 33%
Hohes Ausbildungsniveau, hohe/mittlere Automatisierungswahrscheinlichkeit:
- Buchhalter, Steuerberater und verwandte Berufe 95%
- Kartografen und Vermessungsingenieure 63%
- Finanz- und Anlageberater 40%
Hohes Ausbildungsniveau, tiefe Automatisierungswahrscheinlichkeit:
- Psychologen 1%
- Ärzte 2%
- Architekten 2%
- Physiotherapeuten 2%
- Bauingenieure 2%
- Anwälte 2%
Quelle: Deloitte AG
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