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Mit Kompetenzmanagement gegen den Fachkräftemangel

Viele Erwerbstätige haben sich einen grossen Teil der Kompetenzen für ihren Beruf informell erworben. Diese Kompetenzen sollten erfasst und angerechnet werden, findet die Vereinigung Kompetenzmanagement. Ein Validierungsverfahren ist eine geeignete Möglichkeit dafür. So liesse sich der Fachkräftemangel wirksam bekämpfen.

B.K. ist Sekundarlehrerin mit Diplom. Im Laufe ihrer Karriere hatte sie sich zur Heilpädagogin weiterentwickelt. Sie übte diese Funktion an ihrer Schule über Jahre erfolgreich aus. Als für den Beruf der Heilpädagogin ein Diplom obligatorisch wurde, entschied sie sich, dieses an der Pädagogischen Hochschule zu erwerben. Da sie in diesem Beruf jahrelange Erfahrung hatte, rechnete B.K. damit, kein volles Studium absolvieren zu müssen. Sie stellte einen entsprechenden Antrag. Er wurde abgelehnt. Sie müsse sämtliche Kurse und Stunden belegen, wurde B.K. beschieden. Für sie bedeutete dies einen riesigen Zeitaufwand und eine hohe finanzielle Belastung.

Während dem Studium bestätigte sich, was B.K. erwartet hatte: Sie lernte in gewissen Fächern nichts Neues; ja sie wusste dank ihrer Erfahrung sogar oft besser Bescheid, als die Lehrkräfte. B.K. schloss das Studium unter grossen zeitlichen Opfern ab. Wenige Wochen nach Abschluss erhielt sie die Nachricht, dass ihr ein kleiner Teil der Kursgebühren erlassen würde…

Hätte die Pädagogische Hochschule die Kompetenzen von B.K. validiert und angerechnet, hätte die Heilpädagogin auf diverse Kursmodule verzichten können. Sie wäre zeitlich und finanziell weniger gebeutelt worden und schneller zum Abschluss gekommen.

Potenziale nutzen

Informell erworbene berufliche Kompetenzen wie bei B.K. sind in der Schweiz haufenweise vorhanden. Auf der anderen Seite fehlen oft entsprechende berufliche Abschlüsse und Diplome. Das ist jedoch auf dem Arbeitsmarkt ein grosser Nachteil. Bei einer Bewerbung für eine neue Stelle lassen sich informell erworbene Kompetenzen nämlich nur schwerlich nachweisen. Dies möchte die Vereinigung Kompetenzmanagement (VKM) ändern, wie sie an einer Fachtagung am 4. Dezember in Bern unterstrich. Denn bekanntlich fehlen auf dem Schweizer Arbeitsmarkt in vielen Berufen die Fachkräfte.

Die VKM sieht ein kluges Kompetenzmanagement als wichtigen Beitrag zur Bekämpfung des Fachkräftemangels. Nicht formal erworbene Berufskompetenzen sollen erfasst, validiert und an Abschlüsse angerechnet werden. Die gesetzlichen Grundlagen dafür sind vorhanden. Im neuen Weiterbildungsgesetz, das auf Anfang 2017 in Kraft gesetzt werden soll, heisst es im Artikel 7: „Bund und Kantone sorgen für transparente Verfahren zur Anrechenbarkeit von Weiterbildung und informeller Bildung an die formale Bildung.“ Trotzdem sei in der Politik und bei den Bildungsinstitutionen kaum ein Engagement dafür zu spüren, betonten an der Tagung verschiedene Referenten. „Die meisten Akteure der Berufs- und Weiterbildung glauben an die traditionelle Prüfung“, sagte André Schläfli, Direktor des Schweizerischen Verbands für Weiterbildung SVEB. „Dem Kompetenzmanagement und der Validierung stehen sie skeptisch gegenüber.“ Mit der Validierung gehe es schleppend voran, weil der poltische Wille fehle, zeigte sich Schläfli überzeugt.

Für Bruno Weber, Leiter Bildungspolitik bei Travail.Suisse, ist das Problem im Rahmen der Bildungspolitik zu lösen: „Eine Bildungspolitik muss es auch für Erwachsene geben und sie muss das Kompetenzmanagement integrieren.“

Zu wenig Leidensdruck

Warum vermag sich das Kompetenzmanagement vorderhand nicht durchzusetzen? Der Knackpunkt liegt bei den Kosten. Eine Validierung von Berufskompetenzen ist aufwendig und teuer. Andererseits verdienen Bildungsinstitutionen mit Lehrgängen gutes Geld. Sie möchten lieber vollständige Kurse verkaufen als teure Validierungen durchführen und dann nur magere Kurse anbieten. Vermutlich wird sich das Kompetenzmanagement erst richtig durchsetzen, wenn der Leidensdruck in Bezug auf den Fachkräftemangel noch grösser wird. Zum Beispiel, wenn die Masseneinwanderungsinitiative konsequent umgesetzt werden muss oder wenn es schwierig wird, Fachkräfte im Ausland zu rekrutieren, weil sie dort auch stark umworben werden.

 

Hansjörg Schmid

Mittwoch, 16. Dez 2015

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Wo die Fachkräfte fehlen

Das Staatssekretariat für Wirtschaft Seco hat ein Indikatorensystem ausgearbeitet, mit dem recht zuverlässig gemessen werden kann, wo Fachkräfte fehlen. Nämlich dort, wo zu wenig ausgebildete Fachpersonen vorhanden sind, wo die Zuwanderung besonders hoch ist, die Arbeitslosenquote unterdurchschnittlich, die Quote der offenen Stellen überdurchschnittlich und der Beschäftigungstrend längerfristig positiv. Dies ist unter anderem bei folgenden Berufsfeldern der Fall:

  • Management-Berufe
  • Administration/Finanzen/Rechtswesen
  • Gesundheitsberufe
  • Lehr- und Kulturberufe

MINT-Berufe (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik)

Positionierung der Angestellten Schweiz

Lesen Sie unsere Positionen zum Fachkräftemangel.

Menschen für MINT-Berufe gewinnen

Die Region um Bielefeld und Herford im deutschen Nordrhein-Westfalen ist ein klassisches Industriegebiet. Um dort mehr Menschen für MINT-Arbeitsplätze (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) zu gewinnen, wurde der Verein experiMINT gegründet. Er vermittelt Technikerlebnisse und begleitet Technikinteressierte mit attraktiven Angeboten von der Primarschule bis zum Hochschulstudium. In Techniklabors können Maschinen und Steuerungen gebaut sowie Experimente durchgeführt werden. Ebenso wichtig ist die Beratung der jungen Technikbegeisterten im Hinblick auf die Berufswahl. Speziell angesprochen werden Mädchen und junge Frauen.