Kaufmännische Berufe vor Veränderung
Die KV-Lehre ist beliebt und junge Kaufleute sind gefragt. Mit der digitalen Revolution werden sich aber gerade die KV-Berufe ändern. Der Kaufmännische Verband wagte einen Blick in die Zukunft.
„Die Revolution kommt schneller als man denkt“, sagte Markus Koch, Partner bei Deloitte Schweiz, in seinem Impulsreferat zum Beginn der Veranstaltung über die Zukunft der KV-Berufe, welche der Kaufmännische Verband am 7. März 2016 durchführte. Er muss es wissen, denn er hat sich intensiv mit den Folgen der Automatisierung für den Schweizer Arbeitsmarkt auseinander gesetzt und einen entsprechenden Bericht mit verfasst. Dieser kommt zum Schluss, dass in der Schweiz 50% der Stellen wegrationalisiert werden könnten. Betroffen wären auch KV-Berufe.
Müssen wir uns also auf eine Massenarbeitslosigkeit einstellen? Markus Koch mochte nicht auf Panik machen. Er betonte, dass es im Bericht heisse, die Stellen könnten verschwinden. Das bedeute nicht, dass es so kommen müsse. Zudem würden auch neue Stellen geschaffen. Koch gab sich recht zuversichtlich, dass verschwindende Stellen durch andere – sogar bessere – Arbeitsstellen ersetzt werden. Dies sei in den bisherigen industriellen Revolutionen stets der Fall gewesen. Was Markus Koch aber auf jeden Fall auf uns zukommen sieht, sind grosse Veränderungen: „Die Berufsanforderungen werden sich ebenso wandeln wie die Arbeitsplätze.“
KV-Berufe sterben nicht aus
Der Kaufmännische Verband geht nicht davon aus, dass die KV-Berufe ganz der Automatisierung zum Opfer fallen werden. Sonst hätte er den Titel der Veranstaltung, „Kaufmännische Berufe haben Zukunft“, als Frage formuliert. Der Geschäftsführer des Verbandes, Rolf Butz, rechnet jedoch ebenso wie René Portenier, Rektor der Grundbildung der KV Zürich Businness School, mit einem Wandel des Berufs Kauffrau oder Kaufmann. Wie dieser Wandel aussehen könnte, versuchten sie an einer Podiumsdiskussion zusammen mit Sarah Turnheer, zuständig für die Lehrlingsausbildung bei Swiss Life, Christoph John, Leiter Nachwuchs bei der Zürcher Kantonalbank, und Markus Koch, zu skizzieren. Dabei zeigte sich, dass er bereits stark im Gange ist. Bei den Banken werden viele Geschäfte online abgewickelt und nicht mehr am Schalter. Auch bei den Versicherern laufen die Kontakte vermehrt digital. Dadurch übernehmen in der Tat Computer Arbeitsbereiche von Menschen.
Auf die Frage, wen von den KV-Leuten eine solche Entwicklung besonders treffen könnte, nannte Rolf Butz Angestellte, die keine Weiterbildung gemacht haben und Ältere Mitarbeitende. Damit Letztere nicht abgehängt werden, hat die Swiss Life gemäss Sarah Turnheer ein gutes Rezept gefunden: Die älteren Mitarbeitenden lernen von den Jungen.
Für alle Podiumsteilnehmer war klar, dass in Zukunft soziale Fähigkeiten weiterhin gefragt sein werden – gerade in der Beratertätigkeit von Mensch zu Mensch. Welche weiteren spezifisch kaufmännischen Skills es in Zukunft brauchen wird, war weit schwieriger festzumachen.
Bildungsanbieter sind besonders gefordert
Besonders herausgefordert sind die Aus- und die Weiterbildungsanbieter, welche die Trends ja vorweg nehmen und die Berufsleute auf die neuen Anforderungen vorbereiten müssen. René Portenier erklärte, dass an der KV Business School darum interdisziplinär gearbeitet werde und dass die Fächer vernetzt würden.
Lebenslanges Lernen scheinen die KV-Lernenden verinnerlicht zu haben. Vielleicht fast zu sehr. Rolf Butz forderte die jungen Menschen zum Abschluss nämlich auf: „Tut einfach mal etwas, was euch einfach Spass macht – selbst wenn es euch karrieremässig nicht sofort weiter bringt.“
Hansjörg Schmid
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