Jobs automatisieren statt verlagern
Wenn Arbeitsstellen ins Ausland verlagert werden, sind sie mit höchster Wahrscheinlichkeit für immer weg. Eine bessere Alternative zum Offshoring ist die Automatisierung.

Regelmässig lösten grosse Erfindungen wie die Dampfmaschine, die Elektrizität, das Fliessband oder der Computer in der (erwerbstätigen) Bevölkerung Panik aus. Die neue Technik ermöglichte, die Arbeit zu automatisieren und damit zu rationalisieren. Dies allerdings um den Preis, dass Menschen durch Maschinen ersetzt wurden. Dennoch kam es nie zu Massenarbeitslosigkeit und grosser Armut.
Warum nicht? In der Studie „Transformation der Schweizer Wirtschaft“ des Wirtschaftsprüfungs- und Consultingunternehmens Deloitte ist dafür eine einleuchtende Erklärung zu finden. Die Automatisierung hat nämlich zwei Effekte: einen Substituierungseffekt und einen komplementären Effekt. Die Substituierung heisst nichts anderes, als dass die Arbeit eines Menschen durch die Arbeit einer Maschine ersetzt wird – der Job geht verloren. Die Automatisierung vernichtet aber nicht nur Jobs, sie schafft – und das ist der komplementäre Effekt – auch neue. Dies weil sie dafür sorgt, dass die Produktivität steigt und dadurch auch die Löhne und damit die Kaufkraft. Das wiederum steigert die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen. Um sie zu befriedigen müssen neue Stellen geschaffen werden. Aber auch die Produktion neuer Technologien und Maschinen benötigt Arbeitskräfte.
Mehr Stellen schaffen als vernichten
Die Deloitte-Studie zeigt auf, dass die komplementären bisher die Substitutionseffekte immer übertroffen haben. Das heisst, unter dem Strich wurden mehr neue Stellen geschaffen als alte vernichtet – und die neuen Jobs sind erst noch besser. Die Verfasser sind zuversichtlich, dass die Entwicklung auch bei der digitalen Revolution wieder so sein wird. Gemäss den Beschäftigungsprognosen würden bis 2025 hierzulande 270 000 neue Stellen entstehen.
So gesehen ist die Automatisierung für die Schweiz ganz sicher die bessere Alternative als die Verlagerung von Arbeitsplätzen in billigere Länder. Weitere Vorteile der Automatisierung aus Sicht der Unternehmen sind eine Steigerung der Produktivität, eine Senkung der Kosten, eine verbesserte Präzision, eine detailliertere Datenerfassung, höhere Flexibilität sowie eine bessere Interaktion mit Kunden und Lieferanten. Die Automatisierung hilft aber auch, den Warenverkehr zu reduzieren und damit die Umwelt zu schonen.
Beim Übergang in die digitale Arbeitswelt verschwinden gewisse Berufe oder Berufsfelder und es entstehen neue. Welche Berufe wie stark betroffen sind, ist im Beitrag „Welche Berufe der Automatisierung zum Opfer fallen könnten“ beschrieben. Mit dem neuen Internetwerkzeug job-trends.ch, das die Angestellten Schweiz zusammen mit politan.ch und x28 entwickelt haben, können Erwerbstätige aber auch ganz einfach selber herausfinden, wie stark das Digitalisierungsrisiko ihres Berufs oder Wunschberufs ist. Dort erfahren sie auch, wie gross das Offshoring-Risiko ist und in welchen Regionen in der Schweiz entsprechende Stellen zu finden sind.
Verlierer vermeiden
In der neuen Arbeitswelt werden andere Qualifikationen gefragt sein. Gemäss Prognosen werden in der Schweiz bis 2025 über doppelt so viele Arbeitskräfte mit hohem Ausbildungsniveau benötigt wie noch 2005, ist in der Deloitte-Studie nachzulesen. Das ist im Grunde genommen eine schlechte Nachricht für die tiefer Qualifizierten. Nicht allen von ihnen kann und wird es gelingen, sich höher zu qualifizieren. Doch es gibt laut Studie auch für sie eine Lösung: „Der komplementäre Einsatz von Technologie kann es […] mit künstlicher Intelligenz auch Tieferqualifizierten ermöglichen, wertschöpfungsintensivere Tätigkeiten auszuüben.“ Damit dies Realität wird, müssen allerdings die Arbeitgeber solche Systeme auch installieren und tiefer qualifizierte Menschen beschäftigen. In den letzten Jahren lief der Trend in den Unternehmen klar dahin, weniger Begabte auszuschliessen. Jetzt ist die Gelegenheit für die Arbeitgeber gekommen, wieder Verantwortung für Benachteiligte zu übernehmen. Tun sie es nicht, muss die Politik entsprechende Anreize setzen.
Profitiert die Schweiz, und mit ihr die anderen entwickelten westlichen Länder, von der Digitalisierung und Automatisierung, so dürfte es für die Länder im Osten, in die jetzt viele Jobs aus dem Westen verschoben werden, schwieriger werden. Ihre Trumpfkarte „billige Löhne“ würde nicht mehr stechen, wenn Stellen im Westen automatisiert statt in den Osten verschoben würden. Die Ostländer müssten dann ebenfalls auf die Digitalisierung und Automatisierung setzen, um für den globalen Wettbewerb fit zu bleiben. Dabei sollten sie von den westlichen Digitalisierungsgewinnern nicht im Stich gelassen werden.
Hansjörg Schmid
Die Risiken der Automatisierung
Zwar maulen Roboter nicht, wenn man ihnen viel Arbeit aufbürdet und sie machen keine menschlichen Fehler (ausser man hat sie ihnen einprogrammiert). Aber auch ihr Einsatz ist mit Risiken, nämlich Cyber-Risiken, verbunden. Sie können wie ihre menschlichen Pendants von Viren befallen werden und sie können durch Malware oder Datenmanipulation ausser Gefecht gesetzt oder zu destruktiven Taten gebracht werden. Das Schadenspotenzial ist riesig. Nicht unterschätzt werden darf auch die Gefahr durch Hacker mit politischen Absichten.
Mehr zum Thema Datenschutz lesen Sie im Apunto vom Mai 2017.
Industrie 4.0 als Chance
Die Industrie 4.0 ist die digitale Zukunft der Industrie. Die Schweiz ist bestens gerüstet für die Industrie 4.0 und wird deren Chancen nutzen können. Lesen Sie dazu: