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Der Praktikant ersetzt den Angestellten nicht

Ein Praktikum wird mehr und mehr zum Muss, um die erste Stelle zu ergattern. Praktikanten können wertvolle Erfahrungen sammeln, aber die Arbeitgeber missbrauchen sie auch, um Kosten zu sparen. Einige Kantone haben jetzt reagiert.

Immer mehr junge Diplomabgänger müssen ein Praktikum absolvieren, bevor sie eine Festanstellung erhalten – sei es während oder nach dem Studium. Ihre Zahl hat sich zwischen 2006 und 2012 mehr als verdoppelt. Dies zeigt eine Umfrage, welche die Uni Genf unter 1500 Diplomabgängern der Sozialwissenschaften zwischen 2005 und 2015 durchführte. Die Praktika ermöglichen meistens, erste Berufserfahrungen zu sammeln und münden mitunter in einer festen Anstellung. Leider gibt es auch Missbrauch: Arbeitgeber heuern Praktikanten an, um ihre Bilanz zu verbessern.

Das schlechte Beispiel der internationalen Organisationen

Das in den Medien thematisierte Schicksal des neuseeländischen Praktikanten David Hyde sensibilisierte die Öffentlichkeit für die Problematik der Praktikanten in internationalen Organisationen. Als Hyde im August 2015 sein Praktikum bei den Vereinten Nationen (UNO) begann, war sein Schlafplatz ein Zelt. Wie die anderen Praktikanten bei der UNO erhielt er vom Arbeitgeber weder einen Lohn noch finanzielle Unterstützung. Seine einzige Entschädigung war eine Linie mehr im Lebenslauf. Ende Februar wurde in Genf auf Aufruf der „fair internship initiative“ gegen diese Situation demonstriert. Genützt hat es bisher nicht.

Kantone erlassen Richtlinien

In der Schweiz absolvieren junge Menschen natürlich nicht nur in internationalen Organisationen Praktika, sondern auch in Unternehmen, beim Bund oder den Kantonen. Der Kanton Freiburg regelt die Praktika in der Kantonsverwaltung seit 2009 mit einer Richtlinie. Dort sind die Entlohnung und die maximale Dauer des Praktikums definiert. Der Kanton Waadt kennt seit 2016 eine ähnliche Direktive. Solche Richtlinien helfen, Missbrauch im öffentlichen Sektor vorzubeugen.

In der Privatwirtschaft hingegen gebe es keine klaren gesetzlichen Regelungen für Praktika, erklärt Marilena Schioppetti, Rechtsanwältin bei den Angestellten Schweiz. Das Gesetz sieht weder eine minimale Entschädigung noch eine maximale Dauer von Praktika vor. „Gewisse Gesamtarbeitsverträge enthalten jedoch Bestimmungen für Praktikanten, zum Beispiel der Landes-Gesamtarbeitsvertrag des Gastgewerbes“, weiss Marilena Schioppetti.

Klare Kriterien statt juristischer Unschärfe

Um besser festzulegen, was ein Praktikum ist, haben die Kantone Genf und Neuenburg eine Kriterien-Liste erstellt. Damit wollen sie der mangelnden Reglementierung etwas entgegen setzen. Umgesetzt werden die Kriterien von den für die Arbeitsmarktpolitik zuständigen tripartiten Kommissionen in den Kantonen. Dank den Kriterien lassen sich Praktika klar von anderen Arbeitsformen unterscheiden werden und dem Missbrauch kann ein Riegel geschoben werden.

Selbst wenn das Praktikum juristisch ein unscharfes Gebilde ist, ist sein primärer Zweck klar: die Bildung. Marilena Schioppetti erinnert daran, dass „das Praktikum dazu dient, berufliche Fähigkeiten und Erfahrungen zu sammeln“. Sie weist auch darauf hin, dass auf den Praktikumsvertrag die Regeln des Arbeitsvertrages gemäss Obligationenrecht zur Anwendung gelangen, wenn ein Lohn vereinbart ist. Das bedeutet, dass der Praktikant und der Arbeitgeber Rechte und Pflichten haben. „Arbeitgeber, die Angestellte durch billigere Praktikanten ersetzen wollen, gewinnen nichts – ausser einem schlechten Image“, ist Schioppetti überzeugt.

Virginie Jaquet

Mittwoch, 26. Apr 2017

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