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Das Online-Magazin der Angestellten Schweiz

Das Lohngeheimnis bröckelt

Vor wenigen Jahrzehnten wusste oft sogar die Ehefrau kaum, was ihr Mann verdiente. Heute machen immer mehr Unternehmen die Löhne transparent.

Wer sich in Grossbritannien, den USA oder auch in Österreich für eine Stelle bewirbt, weiss, welchen Lohn sie oder er in etwa erwarten kann. In diesen Ländern müssen Betriebe in Stelleninseraten nämlich Salärspannen nennen. In der Schweiz ist dies nicht vorgeschrieben und nicht üblich. Dennoch nimmt die Transparenz bezüglich der Löhne auch hierzulande langsam, aber stetig zu. Dies zeigt eine aktuelle Studie des Zentrums für Human Resource Management an der Universität Luzern.

Transparenz in Abstufungen

Die Studie unterscheidet drei Arten von Lohntransparenz. Die prozedurale Lohntransparenz beschreibt, inwieweit das Unternehmen offenlegt, wie die Löhne festgelegt werden. Die distributive Lohntransparenz beschreibt, inwieweit das Unternehmen exakte individuelle Lohninformationen offenlegt, also die effektiven Löhne kommuniziert. Die kommunikative Lohntransparenz schliesslich beschreibt, inwieweit das Unternehmen die Beschäftigten frei über die Löhne sprechen lässt.

Wenig überraschend sind die Unternehmen eher bereit zu sagen, wie die Löhne festgelegt werden, als die Löhne selber bekanntzumachen. Über die Löhne zu sprechen ist in den meisten Betrieben aber heute normal.

Betriebe mit organisierten Angestellten sind transparenter

Etwa die Hälfte der Unternehmen ist transparent in Bezug darauf, wie das Grundgehalt, die Lohnerhöhungen und variable Vergütungen auf Team- oder Unternehmensebene zustande kommen. Besonders durchsichtig sind diesbezüglich Unternehmen, die mehr Angestellte mit einem Universitätsabschluss haben, die im Vergleich zur Konkurrenz kleinere Lohnunterschiede haben oder die ein höheres Grundgehalt bezahlen.

Etwa 40% der Unternehmen veröffentlichen aggregierte Informationen über die Löhne, wie z.B. Bänder oder Mittelwerte. Immerhin 30% geben exakte individuelle Informationen in Bezug auf Grundlohn, Lohnerhöhungen und variable Vergütung bekannt. Die Beschäftigten dort wissen also genau, was die Arbeitskollegen verdienen. Hier fällt auf, dass private Unternehmen weniger transparent sind als Unternehmen im öffentlichen Sektor. Dasselbe gilt für kleine Unternehmen und Betriebe mit weniger gewerkschaftlich organisierten Beschäftigten. Es zeigt sich also, dass Arbeitnehmerorganisationen wie die Angestellten Schweiz einen Beitrag an die Lohntransparenz leisten.

Über Löhne spricht man

Rund zwei Drittel der Unternehmen erlauben ihren Angestellten, frei über den Grundlohn, Lohnerhöhungen, und die variablen Vergütungen zu sprechen. 22% ermutigen ihre Beschäftigten, informell darüber zu sprechen und 11% finden sogar, sie sollen es formell tun. Auf der anderen Seite kennen 13% der Betriebe informelle und 7% formelle Restriktionen. Hier ist es also versagt, sich über den Lohn auszutauschen. Dies, obwohl das Bundesgericht 2010 entschieden hat, dass es sich bei Gehältern nicht um ein Geschäftsgeheimnis handelt. Angestellte haben zum Glück noch andere Wege, herauszufinden, wo sie mit ihrem Lohn im Vergleich zu anderen stehen, zum Beispiel mittels Lohnrechnern wie Salarium (Bundesamt für Statistik).

Auch bezüglich der kommunikativen Lohntransparenz sind öffentliche Unternehmen und solche mit mehr organisierten Angestellten durchsichtiger.

Lohntransparenz zahlt sich aus

Angesichts der Tatsache, dass sich Lohntransparenz für die Organisationen sogar ökonomisch rechnet, erstaunt es, dass diese sich in der Schweiz nicht schneller durchsetzt. Die Studie der Uni Luzern stellt nämlich fest: Unternehmen, welche transparenter sind in Bezug darauf, wie variable Vergütungen und Lohnnebenleistungen festgelegt werden und in Bezug auf die effektive Verteilung von Lohnnebenleistungen, sind erfolgreicher. Durchsichtige Betriebe bezüglich der Festlegung von Grundgehalt, Lohnerhöhungen und variablen Löhnen weisen zudem tiefere Kündigungsraten aus. Dort arbeiten die Angestellten besser zusammen und teilen Informationen sowie Ideen häufiger.

Zu ähnlichen Schlüssen kommt auch eine Studie der Cornell University. Wenn ein Geheimnis um den Lohn gemacht werde, beeinträchtige dies die Leistung und die Angestellten seien eher bereit, das Unternehmen zu verlassen.

Lohntransparenz fördert die Gleichstellung

56% der Unternehmen haben untersucht, ob sie Frauen und Männern den gleichen Lohn für die gleiche Arbeit bezahlen. Dabei haben 45% eine interne Evaluation vorgenommen, 10% eine externe und 2% beides.

Vor diesem Hintergrund überrascht die Hemmung vieler bürgerlicher Politiker, auf dem politischen Weg endlich griffige Grundlagen für die Lohngleichstellung zu schaffen. Der Ständerat hat die Vorlage des Bundesrats Ende Februar 2018 wieder an seine Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur zurück geschickt. Mit dem steten Verschieben von Massnahmen löst sich das Problem der immer noch existierenden, nicht erklärbaren Lohndifferenzen aber nicht! (Vgl. dazu den Beitrag „Gleiche Arbeit, ungleicher Lohn“.) Die seit 1981 (!) in der Verfassung festgeschriebene Lohngleichheit wird weiter vertrödelt. Wenn über die Hälfte der Unternehmen untersuchen kann, ob sie gleiche Löhne zahlt, können es die restlichen wohl auch.

Hansjörg Schmid

Donnerstag, 29. Mär 2018

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